Erstens kommt es anders ... Manchmal laufen auch bei climb Sachen schief. Umso wichtiger, dass man gut damit umgehen kann.

Letzte Woche hat Charlotte unser Videoarchiv ausgemistet und stieß auf ein Video aus einer Mathelernzeit, vermutlich gedreht von einer Trainer*in. Ein kleiner Ausschnitt daraus hat sie sehr berührt. Warum und was das mit unserem Großprojekt in den Sommerferien zu tun hat, erzählt sie hier.

Lernzeit bei climb, stille Arbeitsphase in Mathe.

 

Zoom auf Philippa, sie übt den Zehnerübergang. 8+7. Philippa seufzt, reibt sich die Stirn. Probiert es mit den Fingern. Klappt nicht. Seufzt wieder. Holt sich von der Fensterbank des Klassenzimmers einen Abakus, zählt acht Kugeln ab, zählt die Kugeln, verzählt sich. Blick auf die Rückseite der Aufgabe für die Lösung. Wegradieren, nochmal. Acht Kugeln. Sieben darunter. Zählen. 15. Stimmt. Nächste Karte. 17+4. 7 und 3 sind 10, und eins von der Zehn sind elf. Kontrollieren. Radieren. Nachrechnen mit den Kugeln – 21?!

 

Sie meldet sich, bekommt Hilfe von einer der climb-Lehrerinnen, die nächste Aufgabe machen sie gemeinsam. „Den Rest schaffst du alleine, oder?“ 28+6. Tiefer Seufzer. Wieder der Rechenschieber. Diesmal schiebt sie die sechs zu addierenden Kugeln nicht unter die 28, sondern bündelt weiter. 2 bis zur 30 und dann noch 4. 34. Stimmt. Nächste Karte...

Ich habe diese Szene letzte Woche zufällig gefunden - und sie immer wieder angeschaut. Warum hat Philippa  mich so berührt? Ich habe in den letzten Wochen viel übers Scheitern, Lernen, Wiederaufrichten, Weitermachen nachgedacht. Und nicht nur, weil wir in der wissenschaftlichen Recherche zu climb immer wieder über den Begriff Resilienz im pädagogischen und entwicklungspsychologischen Kontext gestolpert sind, weil sich dahinter ein Kompetenzcluster verbirgt, dass ziemlich nah an unseren Zukunftskompetenzen dran ist (dazu könnt ihr im Oktober mehr in unserer Konzeptbroschüre lesen!). Sondern auch, weil in den letzten Wochen unsere Firma jede Menge Resilienz dazugewonnen hat.

 

Im April haben wir erzählt von unserem Großprojekt, climb nach Mainz zu holen. Wir hatten uns damals das anspruchsvolle Ziel gesteckt, sprichwörtlich „von null auf hundert“ direkt mit zwei Lernferien loszulegen. Jetzt kommt es alles anders: der Übertrag in eine neue Region hat zumindest in diesem Fall nicht so reibungslos geklappt, wie wir uns das vorgestellt haben. Behördenwirrwarr, Übermut und echtes Pech – so läuft das eben manchmal. Und so kommt es manchmal erstens anders, und zweitens als man denkt: Anstatt unserer Lernferien werden wir diesen Sommer in Mainz „Entdeckerferien“ realisieren und damit mit Kindern aus der Notunterkunft der Malteser Mainz entdecken, die Kinder kennenlernen, ein gutes Gespür für sie und ihre Bedürfnisse entwickeln und ihnen ermöglichen, mit einem guten Fundament in Deutsch ins Schuljahr zu starten. Kleiner und feiner als gedacht, aber immer noch ganz climb: wir werden Zukunftskompetenzen und Freude am Lernen vermitteln, Freude am Entdecken und Orientierung in der neuen Sprache und dem neuen Zuhause. Und im Herbst geht es dann mit den Lernferien so richtig los.

 

Es führt kein Weg dran vorbei: unser anspruchsvolles Ziel haben wir, diesen Sommer, nicht erreicht. Aber, was umso wichtiger ist: Wir haben in einer schwierigen Situation das Beste draus gemacht und als Organisation genauso reagiert, wie ich als Gründerin mir das von den Kindern und Erwachsenen im Klassenzimmer wünsche, wenn dort alles nicht so läuft. Wir haben uns Hilfe geholt bei unserem Kooperationspartner, den Maltesern, intern und extern offen kommuniziert – und festgestellt, dass das alles gar nicht so schlimm ist. Wir haben uns auf unsere Mission besonnen und dazugelernt, dass es manchmal auch ok ist, nicht alles gleichzeitig zu schaffen – dass kleine Schritte keine Schande sind, wenn sie Teil eines größeren Weges sind. Wir sind bei allem Frust lösungsorientiert geblieben und stellen diesen Sommer in Mainz nun ein Programm auf die Beine, das zwar nicht die Lernferien ist, die wir so lieben, aber für das uns wir auch nicht schämen müssen, das sich trotzdem nach climb anfühlen wird.

 

Wir haben uns auf unsere Mission besonnen und dazugelernt, dass es manchmal auch ok ist, nicht alles gleichzeitig zu schaffen – dass kleine Schritte keine Schande sind, wenn sie Teil eines größeren Weges sind.


Beim Stöbern im Videoarchiv bin ich übrigens nicht nur auf die Szene von Philippa mit ihrem Rechenschieber gestoßen.Sondern auch auf ein Video von Anna-Lena, damals Lehrerin und diesen Sommer souveräne Projektleitung in der Dortmunder Nordstat, die von der schlimmen Kleisterschlacht bei ihrem ersten climb-Projekt erzählt – und davon, wie sie am nächsten Tag direkt Gelegenheit hatte, aus dem Chaos zu lernen und es direkt lief. „So ist das nämlich bei climb, man hat immer eine Chance es nochmal zu probieren.“

 

Stimmt. 


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